30 Jahre Surfsport
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- Veröffentlicht: Samstag, 18. Juni 2016 12:49
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Chronik
Als Mitte der 70er Jahre eine neue Sportart von Amerika nach Europa schwappte, ahnte man nicht welch großen Stellenwert sie einmal in der Freizeitindustrie einnehmen wird. Man nannte dieses Treiben treffend „den Wind in den Händen“, die Rede ist vom heutigen Windsurfen.
Lange Bretter aus Polyethylen und Polypropylen wurden von den großen Firmen wie Mistral, Ten Cate, Ostermann usw. auf den Markt gebracht. Als größter Produzent galt die französische Firma Du Pont. Sie blies Kunststoffe in die entsprechenden Formen und schäumte diese anschließend aus. So entstanden die Boards der 1. Stunde, mit einer Länge von ca. 3,70 m, einem Volumen um 200 l und einem Gewicht von nicht selten mehr als 20 kg (semi kpl.). Sie enthielten 2 Mastbuchsen, einen Schwertkasten für das Steckschwert, eine kleine Lexanfinne und eine Abschleppöse. Das Rigg bestand die ersten Jahre aus einem einteiligen 4,60 m langen Mast, einer ca. 2,70 m langen Gabel und einem 6,5 qm großen Segel.
Da es zu dieser Zeit noch keinen Gebrauchtwarenmarkt gab, mussten die Surfbegeisterten schon damals ordentlich in die Tasche greifen. Eine komplette Ausrüstung inkl. 2 tlg. Neoprenanzug, Surfschuhen und Nierengurt verlangte dem Sportler ca. 2.500,- DM ab. Doch für diese Szenesportart wurde Geld locker gemacht, galt es doch als cool „ Surfer zu sein“, besonders wenn man sein neues Brett`l auf dem Dachständer spazieren fuhr.
Zeitgleich wuchs natürlich die Zahl an Surfshops, welche mit innovativen Neuerungen, szenegerechter Mode und Accessoires dem Kunden das Gefühl, etwas Besonderes zu sein, vermittelten.
So drehte sich Anfang der 80er Jahre der Surfzirkus in einem irren Tempo. Man entwickelte endlich kürzere Bretter, genannt Funboards, mit denen auch stärkerer Wind beherrscht werden konnte. Ein paar Pioniere kennen bestimmt noch die akrobatischen Haltungen, die man auf einem Longboard, genannt Floater, absolvieren musste um bei Starkwind gegen das Anluven des Boards anzukämpfen. Ein Fuß vorne am Mast und doch voll im Gleiten, war eine Kunst, die wohl beherrscht sein wollte. Neben diesen flachen Surfbrettern wurden plötzlich Verdränger aktuell, welche besonders dem Regattafahrer beim Höhelaufen die Arbeit erleichterten. Durch ihr konvexes Unterwasserschiff und dem angekielten Bug veränderte sich das Fahrverhalten nicht auf allen Kursen zum Positiven. So wurde der Vorteil beim Amwindkurs zu einem deutlichen Nachteil bei Raum- und Vorwindkursen. Wer einmal eine solche Regatta am Gardasee oder am Meer, bei Wellen und mind. 4 Bft. gesehen hat, der weiß welche Könner schon damals am Werke waren um diese schaukelnden Nussschalen zu bändigen.
Die Surfindustrie und einige kleine Boardschmieden machten sich daran ständig Neues zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Man spezialisierte sich schließlich, um ein Optimum für alle Belange zu erreichen. Das Angebot unterschied Floater, Verdränger, Funboards und Sinker (unter 100 l Volumen).
Die Floater mit ihren 3,80 m boten die Basis für jeden Surfeinsteiger. Durch ihre gutmütigen Fahreigenschaften waren sie ein Spaßboard für die ganze Familie. Das Material war robust und verzieh mal eine harte Landung am Ufer.
Die Verdränger wurden durch ihr spezielles, schon erwähntes Unterwasserschiff, hauptsächlich im Regattabereich eingesetzt. Meist waren sie etwas leichter gebaut um Vorteile auf dem Wasser zu erzielen; aber dies ging zu Lasten der Robustheit.
Die Funboards waren der Segen für alle die, welche bei Gewitterböen und Herbststürmen unruhig wurden. Diese ca. 3m langen , im Volumen auf ca. 150 l abgespeckten Bretter, ermöglichten erstmals ohne Schwert, mit Fußschlaufen auf dem Deck, den Wind so zu nutzen, um in eine kraftsparende Gleitfahrt zu gelangen und Geschwindigkeiten von 40 km/h und mehr auf dem Wasser zu erreichen.
Die Sinker setzten noch einen drauf. Wie es der Name schon vermuten lässt, sanken sie auf Grund ihres geringen Volumens so Lange man sich in Ruhe befand. Erst mit zunehmender Geschwindigkeit hoben sie sich aus dem Wasser und ermöglichten auf Grund ihres Shapes, Geschwindigkeiten und Fahrmanöver die man bis dato nicht kannte. Heute gibt es unzählige Halsen- und Wendevarianten, Sprünge und Showeinlagen aus aneinander gereihten Board- und Segelmanövern, die erst durch diesen Boardtyp möglich wurden.
Um für jede Bedingung das perfekte Equipment zu haben, experimentierte man besonders an der Form der Bretter. Den richtigen Shape musste man haben. Nach 30 Jahren kann man zurückblickend sagen: Es gibt nichts, das noch nicht da gewesen ist.
Das Unterwasserschiff war mal konvex, mal konkav, mal plan.
Man brachte, als die Innovation, Funboards mit dopelkonkavem Unterwasserschiff, viel Scoop wenig Rocker, viel Rocker wenig Scoop. Channels waren bei den Sinkern der Hit um früh anzugleiten. Gepaart mit drei Finnen im Heck erreichte man perfekte Halsentauglichkeit. Ein Swollowtail mit Wingern für noch radikaleren Kantengriff und eine Mastschiene um den Segeldruckpunkt effizient zu verlagern. Hohle Boards, geschäumte Boards, Bretter mit Styrodur- oder Styroporkern . Alles was man laut Test brauchte, gab die Industrie her.
Ebenso der Fortschritt, der bei den Riggs gemacht wurde. Unterteilen wir das Rigg erst einmal in seine drei Hauptkomponenten; dem Segel, dem Mast und dem Gabelbaum. Aufholleine, Protektoren und Mastfuß natürlich nicht zu vergessen.
Fing doch Alles mit einem serienmäßigen 6,5 qm großen Dacrontuch an. Gewebt wie das Tuch eines Segelbootes, aus Kette und Schuss. Ihnen verlieh man durch zwei kurze Latten am Achterliek eine imaginäre Stabilität. Dass sich aber der Segeldruckpunkt bei zunehmendem Wind mehr und mehr vom vorderen Segeldrittel nach achtern verschob, wurde rasch erkannt und man ging mit 2 technischen Änderungen in die Offensive.
Das Segeltuch wurde von einer Seite mit Mylar (einem flüssigen, durchsichtigen Kunststoff) bedampft. Durch diese Maßnahme erreichte man eine Reduzierung der Stoffausdehnung auch in diagonaler Richtung. Das Segel wurde formstabil. Gleichzeitig durchsetzte man das Tuch mit durchgehenden Segellatten, die bis zur Masttasche eingeschoben wurden. Durch ihren konischen Schliff erreichte man ein stabiles vorgegebenes Segelprofil mit einem fixierten Segeldruckpunkt. Selbstverständlich ging es auch hier mit den Entwicklern wohl etwas durch, als man Anfang der 90er sogar ein 5 qm Segel mit 7 Latten bestückte. Das Aufriggen erforderte nicht nur viel Zeit und Kraft, sondern auch eine gewisse technische Beschlagenheit des Surfers um den optimalen Trimm zu erhalten. Aber auch aus diesem übertriebenem Wahn hat man die diversen Vor -und Nachteile gezogen, so dass ein heutiges Segel wieder mit weniger Latten auskommt. Dies funktioniert aus dem Zusammenspiel mit dem heutigen Segeltuch, dem Monofilm. Eine durchsichtige dehnungsarme Folie, welche an allen Stellen verwendet wird, an denen keine mechanische Belastung auftritt.
Die Masten sind seit ca. 15 Jahren 2 tlg. , um besser transportiert werden zu können. Sie wurden in Steifigkeit und Biegekurve an die jeweiligen Einsatzbedingungen angepasst und das Gewicht durch neue Glasfaser - Karbonverbundstoffe reduziert.
Die Gabelbäume, welche zu Beginnerzeiten noch kopfhoch an den Mast geknotet wurden, trägt man heute auf Brust- bis Schulterhöhe und setzt sie mit Hilfe eines Schnellspannverschlusses, fest fixiert, auf die gewünschte Höhe.
So hat sich in drei Jahrzehnten Surfsport Einiges getan. Man ist in der Entwicklung viele Wege gegangen um die Einzigartigkeit des Surfsports im Freizeitbereich zu etablieren. Viele Flops wurden belächelt und nutzten weder dem Handel noch dem Sportler. Heute jedoch kann jeder Surfer das richtige Material für seinen individuellen Bedarf erlangen. Ob für den Baggersee oder für das Meer, ob im Freizeit – oder Meisterschaftseinsatz, jeder Surfinteressierte kann im Handel oder im Verein die nötigen Informationen erlangen ohne kostspielige Risiken einzugehen.
Der Surfsport ist nach 30 Jahren immer noch ein Sport für Individualisten. Wer einmal im Gleiten war, weiß dass er allein über den weiteren Verlauf seiner Fahrt entscheidet. In sekundenschnelle wird ein Manöver geplant, eine geeignete Welle zum Sprung genutzt oder das Brett einfach laufen gelassen, weil`s gerade so schön ist.
Wir haben das Glück an einem großen See in unserer Region ansässig zu sein. Eine Seelänge von ca. 1100 m und eine Breite von ca. 650 m stehen uns Wassersportlern, unter Berücksichtigung der Schutzzonen, zu einem großen Teil zur Verfügung.
Der Vorstand
RB